Ablage oder abtanzen, Büro oder Bühne, Leitz oder Leidenschaft – für Francesco Zanotti sind das keine Widersprüche. Tagsüber in der Druckerei der Lebenshilfe Braunschweig beschäftigt, widmet er große Teile des restlichen Tages dem Tanz. Und der hohe Einsatz hat sich vor Kurzem für den 61-jährigen gelohnt: In der aktuellen Produktion "tanzwärts!" des Staatstheaters Braunschweig durfte er eine Rolle übernehmen.

Aktentasche und Tanzschuhe

Irgendwann, wenn sich Francesco Zanotti mal wieder zwischen zwei Aktenordnern in der Druckerei bewegt, blitzt die Leidenschaft kurz auf. Ein Lied summend geht es dann schwungvoll von einer Ablage zur anderen. Ein Blatt genommen, gelocht, an die richtige Stelle geheftet und dann ab zum nächsten Stapel Papier, bis dass der Takt sie scheidet, und Franceso Zanotti die Aktentasche zum Dienstende mit den Tanzschuhen tauscht.

Ausverkauftes Haus

Die täglichen Hüftschwünge zwischendurch sind allerdings nichts gegen vier Wochen tägliches Training, das Einstudieren verschiedener Rollen für ein fast zweistündiges Stück. Drei Stunden hätte manche Trainingseinheit gedauert, immer auf den Beinen, höchste Konzentration auf weitgehend unbekanntem Terrain, wo sonst Profis große Sprünge machen. Dazu die Abstimmung im fast 90-köpfigen Ensemble, alles tänzerische Laien wie Francesco Zanotti selbst. Aber die mit jeweils viel Talent und höchstem Engagement ausgestattet, Basis für einen überwältigenden Erfolg der beiden Aufführungen in ausverkauftem Haus.

Freiwillige Tänzer:innen

Einmal im Jahr sucht das Staatstheater Braunschweig freiwillige Tänzerinnen und Tänzer im Rahmen der Aktion „tanzwärts!“, die dann ein Stück einstudieren. In diesem Jahr „Ganz geheimnisvoll“, einem Tanzprojekt, das sich um Geheimnisse, ihre Art und Wirkungen, drehte.

Strapazen und Erfolg

Trotz des hohen Aufwands sei alles „super klasse“ gewesen, erzählt Francesco Zanotti und ergänzt: „Die Leute waren alle nett. Der Applaus nach den Aufführungen war toll.“ Und trotz der Strapazen beim täglichen Training sei er jedes Mal mit einem sehr guten Gefühl nach Hause gegangen. Ein Erfolg, der, so Zanotti, ganz wesentlich auch dem Team des Staatstheaters zu verdanken sei. Das habe die Tanz-Amateure höchst professionell betreut. Einige Kontakte bestünden heute noch.

Große Leidenschaft

Den Kontakt zur Kunst will Francesco Zanotti weiterhin halten. Fast 20 Jahre ist er bereits aktiv. Die Leidenschaft 2006 entdeckt, hat er auch schon im TIG-Theater im Glashaus der Lebenshilfe Braunschweig mitgewirkt. Dazu sein heute noch bestehendes Engagement im Ensemble TRaumschiff Erde, das Figuren- und Objekttheater der Lebenshilfe Braunschweig. Das Kapitel Tanz und Kultur wird im Leben von Francesco Zanotti noch lange nicht abgeheftet werden.

Text: Frank Rogalski
Fotos: Frank Rogalski, Swetlana König und Lioba Schöneck, Staatstheater Braunschweig