Lebenshilfe Braunschweig
Drucken Text vergrößern Text normalisieren Text verkleinern
03.06.2019

Matze macht Musik

Mittwoch, 17:45 Uhr. Noch 15 Minuten bis zur Sendung. Moderator „Matze“, tagsüber bei der Lebenshilfe Braunschweig tätig, sucht „Midnight Lady“ von Chris Norman auf dem Rechner. Chris wer? Und überhaupt, ist der nicht längst tot? Er lebt, mehr denn je und nicht nur hier, im Esszimmer einer Drei-Zimmer-Wohnung im Heidberg. Webradio macht‘s möglich. In dieser Bude blüht an diesem Abend das Leben, von Braunschweig via Kabel und Router in die weite Welt.

Braunschweiger Moderator mit Beeinträchtigung produziert Sendungen fürs Webradio

Vor fünf Jahren habe alles angefangen, erzählt „Matze“, der vor und nach der Sendung Matthias Herzog heißt. „Ich habe viel Radio gehört, auch im Internet.“ Und irgendwann sei die Idee entstanden, sich selbst im Netz zu probieren. Zu Beginn habe er viel Unterstützung von den Kollegen bei der „Hitfabrik“, seinem ersten Sender im Netz, bekommen. „Die haben mir gezeigt, wie es geht, mit der Technik, dem Moderieren und so.“ Heute macht „Matze“ bei Angel Heart Radio mit, einem Sender aus Castrop-Rauxel im Ruhrgebiet.

300 Kilometer Distanz und doch den Hörern so nah: Während der Sendung treffen laufend Nachrichten ein. Es blinkt und blitzt überall im Chat, den Matthias parallel zum Programm betreibt. Als sich Hörerin Jana einklinkt, reagiert der 54-jährige sofort und lädt von der Festplatte Matthias Reim herunter. „Man kennt seine Hörer“, schmunzelt er. Jana dankt es mit einem großen „Dankeschön“ im Chat und vielen Feuerzeugen für das sanfte Lied, das der Interpret von „Ich hab‘ geträumt von Dir“ mit seiner einst vielerorts bekannten Reibeisenstimme vorträgt.

Gattin Nicole genießt derweil im Wohnzimmer das TV-Programm. „Die Hörer sind manchmal etwas ungeduldig“, klagt sie. „Wann sendest Du endlich wieder?“, hätten ein paar Fans ihren Mann schon mal gefragt. Das sei alles nicht so einfach, wenn man eine Beeinträchtigung habe. Die Zeit müsse gut geplant sein, ein paar Geräte hätten angeschafft werden müssen. Manchmal vergesse Matthias vor lauter Konzentration auf die Sendung etwas. Oder er sei zeitweise schwer mit Liedern und Texten beschäftigt, bis hin dazu, dass die Moderation vom Sofa aus weitergehe und einfach eine Stunde Sendung drangehängt werde. „Heute ist es ein schöner Zeitvertreib“, freut sich die 45-jährige, die in einer Küche bei der Lebenshilfe arbeitet.

„Matze“ bedient derweil den Mixer auf dem Bildschirm und spielt einen Oldie der 70er Band Boney M., den er zuvor von der Video-Plattform YouTube hochgeladen hat. „Ich mische gerne auch mal mit englischen Liedern“, erklärt „Matze“. Das käme bei den Hörern besser an.

„Schlager mit viel Gefühl“, so beschreibt er die Musik, die er zwei- bis dreimal für jeweils zwei Stunden pro Woche seinen Hörern präsentiert. Astrid Breck, Frank Lucas, DJ Ötzi oder Antonia aus Tirol sind dabei und auf der prall gefüllten Festplatte in etlichen Verzeichnissen gespeichert. Aber auch Country-Musik stehe auf dem Programm. Nur Seemannslieder, die rühre er nicht mehr an. Da seien die Hörer reihenweise abgesprungen. Und das sei dann wirklich zum Totentanz geworden.

Text und Foto: Frank Rogalski