Lebenshilfe Braunschweig
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12.05.2014

„Vielfalt ist keine Störung, sondern eine Chance“

Mann - Frau - jung - alt - behindert - muslimisch – christlich - hetero - homo - multi und so vieles mehr? Ergeben sich aus dieser Vielfalt Vorteile? Kostet es Geld oder Zeit, vielleicht sogar beides? Die Idee, eine bunt gemischte Mitarbeiterschaft zu haben und daraus bewusst Nutzen zu ziehen, ist nicht neu, aber gut.

Die Lebenshilfe Braunschweig hatte klein- und mittelständische Betriebe, große Konzerne, Verwaltungen und Vereine eingeladen, mit ihr ins Gespräch kommen, Anregungen zu geben, Bedenken wahrzunehmen und die Karte VORTEIL :: VIELFALT zu ziehen - für ein (erfahrungs-)reiches Team, unabhängig von Beeinträchtigung, religiöser oder sexueller Orientierung, Geschlecht oder Herkunft.

Anregungen gab Barbara Rupprecht, Dipl.-Psychologin und Hochschuldozentin, die ihre Erfahrungen als Diversity-Beauftragte bei Volkswagen Financial Services einbrachte:  „Behandle nicht jede(n) so, wie Du selbst gern behandelt werden möchtest, sondern so, wie jene(r) gern behandelt werden möchte“, lautete ihr Credo. Vielfalt im Unternehmen bedeute unter anderem: eine produktive Gesamtatmosphäre, ein Klima der Offenheit und Akzeptanz, keine soziale Diskriminierung, stattdessen Chancengleichheit. „Vor allem müssen Sie auf allen Ebenen Vielfalt nicht als Störung, sondern als Chance  begreifen“.

Dr. Edelgard Kutzner von der Universität Dortmund, stellte mit einem kostenlosen und praxisnahen Online-Test (www.online-diversity.de) erste Gestaltungsschritte für ein Diversity-Management vor. Auch sie hob die Vorteile einer bewusst eingesetzten Vielfalt hervor: „Bislang vernachlässigte Beschäftigtengruppen lassen sich besser rekrutieren. heterogene Gruppen reagieren flexibler als homogene Entscheidungsgremien, die von einem hohen Konformitätsdruck geprägt sind. Gemischt zusammengesetzte Teams können Betriebsblindheit reduzieren und zu innovativeren und kreativeren Problemlösungen – allerdings können homogene Gruppen oft schneller entscheiden“, erklärte Edelgard Kutzner. Und: „Eine vielfältig zusammengesetzte Belegschaft kann sich besser auf die Wünsche und Bedürfnisse einer heterogenen Kundschaft einstellen, das hilft bei der Wettbewerbsfähigkeit. Arbeitszufriedenheit und Motivation werden gesteigert, Reibungsverluste und Diskriminierung können minimiert werden.“

Seit vielen Jahren bietet die Lebenshilfe Braunschweig rund um den 5. Mai, dem Europäischen Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen, einen Fachtag an. Anlass für das diesmal weiter gefasste Thema war die eigene Unterzeichnung der Charta der Vielfalt. Mit etwa 600 Mitarbeitenden ist die Lebenshilfe größter Anbieter von sozialen Dienstleistungen für Menschen mit Beeinträchtigungen in der Stadt Braunschweig und zugleich einer der großen Arbeitgeber. Vorsitzender Dr. Hans-Joachim Beinroth:  „Die Lebenshilfe steht dafür, soziale Vielfalt zu leben und für ein vorurteilsfreies Umfeld Sorge zu tragen. Menschen mit Handicaps, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Angehörige und Vereinsmitglieder sollen Wertschätzung erfahren – unabhängig von Geschlecht, Nationalität, ethnischer Herkunft, Religion oder Weltanschauung, Behinderung, Alter, sexueller Orientierung und Identität.“

Frauen in Führungspositionen, gesundheitsfördernde Arbeitsplätze, Rahmenbedingungen für ein gesundes Altern sowie die Perspektive, neue und andere Aufgaben zu übernehmen, gehörten zur Personalentwicklung. „Unsere Belegschaft ist ebenso wie unsere Vereinsmitglieder oder unsere Kunden bunt - allein erziehende Mütter, homosexuelle Paare, ältere Arbeitnehmer, Väter in Teilzeit und junge Migranten. Vielfalt ist bei uns Normalität.“

Anregend diskutiert wurde in vier kurzen Workshops: Wie sieht eine Arbeitswelt für alle aus, in der auch Menschen mit Beeinträchtigungen nicht nur von gutem Willen abhängig sind? Denn Betriebe, die anders denken, stellen immer wieder fest, dass ge­nau diese Mitarbeitenden besonders motiviert und engagiert sind. Hier knüpfte Lebenshilfe-Geschäftsführer Detlef Springmann in seinem Abschlusswort an: „Unkonventionelle Ideen, technische Hilfsmittel, finanzielle Fördermöglichkeiten, unbürokratische Unterstützung? Sprechen Sie uns an, vor allem unseren Fachdienst Betriebliche Integration!“

Fotos: Jessica John | Text: Elke Franzen