Lebenshilfe Braunschweig
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16.02.2024

Sucht: „Hier finde ich Halt und Hilfe“

Wir bieten viel an, damit Menschen mit Beeinträchtigung in Braunschweig selbstverständlich dazu gehören. Und widmen uns auch Themen, die nicht jeder kennt. Warum machen wir dies als Lebenshilfe Braunschweig?

  • Vielfalt ist für uns eine Bereicherung, die wir wertschätzen.
  • Respekt und Würde gehören zu unserem Menschenbild.
  • Wir gestalten miteinander persönliche Wege und Freiheiten.

Und sonst noch? Unser Thema heute:
Infogruppe Gesundheit

Es ist ein heikles Thema, um das es sich in dieser offenen Gruppe dreht: Sucht in all ihren Facetten und mit all ihren Konsequenzen. Innerhalb der Lebenshilfe Braunschweig hat Ingrid Eglin bereits vor knapp 20 Jahren eine Kontaktstelle gegründet; heute führt sie die daraus entstandene „Infogruppe Gesundheit“ zusammen mit Axel Schwacke. Hier gibt es Information, Austausch und Unterstützung.

Schleichender Beginn

„Es beginnt ja schleichend - man meldet sich krank, ist nicht mehr verlässlich, reagiert aggressiv oder wirkt abwesend“, erklärt Ingrid Eglin. Egal, ob es um Alkohol, Psychopharmaka, Drogen, Kaufsucht oder Ess-Störungen geht - es wird vertuscht, weggeschaut, getuschelt.

Beraten und unterstützen

Doch der Ansatz der beiden Ansprechpartner ist anders: „Wir informieren, beraten und unterstützen Menschen mit Beeinträchtigung in der Lebenshilfe Braunschweig, die einen Rat suchen für ihren eigenen Umgang mit Suchtmitteln, aber auch die, deren Angehörige betroffen sind, sowie jene, die sich um Kolleginnen und Kollegen in ihrem Arbeitsumfeld sorgen“, erläutert das engagierte Duo.

Vertrauliche Gespräche

Voraussetzung für die vor allem schwierigen Erstgespräche ist das Wissen, dass die Inhalte absolut vertraulich sind und damit der Schweigepflicht unterliegen. „Es gibt Dinge, die man einfach nicht alleine kann“, betont Ingrid Eglin. „Wer dies erkennt, ist schon einen großen Schritt weiter: Er lässt sich auf Hilfe ein. Das kann Verschiedenes sein: die eigene festgefahrene Situation, die Vorbereitung für ein Gespräch mit Kollegen oder der Hinweis, wo es fachgerechte externe Hilfe gibt. Wir begleiten auf Wunsch auch während ambulanter oder stationärer Therapiemaßnahmen.“

Eindeutige Absprachen

Häufig im Fokus steht das Suchtproblem Alkohol: Ziel sei, mit Alkohol kontrolliert umzugehen oder trocken zu bleiben. „Kontakte zu Selbsthilfegruppen und Klinikeinrichtungen sowie Infos zum Beispiel von Polizei und Ärzten gehören mit zum abwechslungsreichen und stärkenden Programm.“  Für die gesamte Arbeit seien bestimmte Grundhaltungen wesentlich: Zeit, Geduld, Empathie und Respekt. „Wir müssen aber auch eindeutig Position beziehen und Absprachen treffen, die an erlebbare Konsequenzen gekoppelt sind.“   

Persönlicher Kontakt

Die Gewissheit, mit den Fragen und Sorgen nicht allein zu sein, stabilisiert. Dennoch ist es oft ein langer Prozess. Und die lange erste Corona-Zeit mit ihren strengen Schutzregeln war besonders schwierig: „Sehr oft waren wegen der Lockdowns keine Treffen möglich. Und digital war für alle keine Alternative“, erzählt Axel Schwacke. Dabei sei für Menschen mit Suchtproblemen regelmäßiger Kontakt besonders wichtig. Ingrid Eglin suchte damals andere Wege: „Ich habe auch und vor allem in dieser Zeit Hausbesuche gemacht, oft auf Spaziergängen viele Einzelgespräche geführt.“

Erfahrungsaustausch

In der Gruppe spielen noch weitere Faktoren eine wichtige Rolle: „Ich komme gerne, weil mir der Erfahrungsaustausch so wichtig ist – zum Beispiel über die Frage, wie das für jeden mal angefangen hat.“ Für einige ist ganz klar, dass sie „kein Tröpfchen mehr“ trinken. Und sie halten sich konsequent, teils schon über viele Jahre, an diesen Grundsatz. Aber auch wer das nicht schafft, sondern sich eher immer wieder selbst überprüfen will, ist in der Runde stets willkommen.

Rückmeldungen der Teilnehmenden bestätigen die Arbeit:

  • „Ich werde ernst genommen und mir wird zugehört.“
  • „Die Gruppe gibt mir viel Sicherheit und Halt.“
  • „Ich bekomme Informationen, wie ich ohne Alkohol leben kann.“
  • „Der Erfahrungsaustausch ist mir wichtig.“

Einmal im Jahr, im September, fahren die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Infogruppe für einen Tag nach Oldenburg. In der dortigen Klinik „To Hus“ waren viele von ihnen bereits zu einem mehrmonatigen Aufenthalt und der jährliche Erfahrungsaustausch ist allen sehr wichtig.

Breite Aufklärung

Obwohl das Thema Alkohol im Vordergrund steht, zeigt sich, wie vielfältig die Palette von Süchten sein kann. Da helfen dann zum Beispiel Filme, Experimente oder Rollenspiele, um Aufklärung zu leisten. Gut angenommen werden auch Meditationsübungen. Und ausgehend von dem Gedanken, dass ein erfülltes Leben das Risiko von Abhängigkeiten verringert, spielen Anregungen für Freizeitaktivitäten und neue Hobbys eine große Rolle.

Immer wieder Erfolge

„Uns ist es wichtig, die Resilienz der Teilnehmenden zu stärken“, erläutert Axel Schwacke. Und Ingrid Eglin betont: „Kaum eine Organisation hat so langjährige und fundierte Erfahrung mit diesem Themenkomplex wie die Lebenshilfe Braunschweig.  Und da tut es gut, immer wieder Erfolge zu sehen.“

Text: Axel Schwacke und Elke Franzen
Fotos: pixabay