Lebenshilfe Braunschweig
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27.01.2023

Gedenken an Opfer des Nazi-Regimes

Zum Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar bekräftigt die Bundesvereinigung Lebenshilfe ihre Forderung, dass Menschen mit Beeinträchtigung endlich als Verfolgte des NS-Regimes anerkannt werden.

"Der Deutsche Bundestag muss endlich auch im Rahmen der T4-Aktion ermordete Menschen mit Behinderung offiziell als Verfolgte des Nazi-Regimes anerkennen", hieß es. „78 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges gibt es keinen einzigen historischen Grund, den Opfern von ‚Euthanasie‘ und Zwangssterilisation den Verfolgten-Status zu verweigern. Damit werden sie bis zum heutigen Tag zu Opfern zweiter Klasse gemacht“, betont Ulla Schmidt, Bundesvorsitzende der Lebenshilfe und ehemalige Bundesgesundheitsministerin.

Systematische Tötung

Von 1939 bis 1945 wurden in ganz Europa rund 300.000 kranke und behinderte Menschen umgebracht. Sie galten als „Ballastexistenzen“, als „Volksschädlinge“ und wurden als „lebensunwert“ aussortiert. Ihre Vernichtung wurde im Rahmen der T4-Aktion, benannt nach der Tötungszentrale in der Berliner Tiergartenstraße 4, systematisch geplant und kaltblütig vollzogen. Davon betroffene Menschen mit körperlicher und geistiger Behinderung wie auch mit psychischen Erkrankungen müssten deshalb ebenso als Verfolgte des Nazi-Regimes anerkannt werden wie andere Opfergruppen auch, so die Lebenshilfe.

Ablehung und Vorurteile

Und die NS-Verbrechen wirken bis in die Gegenwart weiter. Ulla Schmidt: „Auch im Deutschland des Jahres 2023 stoßen Menschen mit Behinderung auf Ablehnung und Vorurteile. Angesichts hochentwickelter vorgeburtlicher Untersuchungsmethoden müssen sich Eltern eines behinderten Kindes immer wieder Kommentare wie diesen anhören: Musste das sein, habt ihr das denn nicht gewusst?“ Zumeist führe die vorgeburtliche Diagnose einer Behinderung zur Abtreibung, weil sich die Eltern in einer auf Leistung und Optimierung getrimmten Gesellschaft das Leben mit einem behinderten Kind nicht zutrauten.

Willkommenkultur

„Statt Angst und Ausgrenzung brauchen wir eine Willkommenskultur“, betont Ulla Schmidt. „Es gibt kein lebensunwertes Leben, Menschen mit Behinderung gehören zur ganzen Bandbreite menschlicher Vielfalt dazu – ohne Wenn und Aber. Die Lebenshilfe setzt sich daher seit ihrer Gründung vor mehr als 60 Jahren für eine inklusive Gesellschaft ein, die Menschen mit Behinderung und anderen Minderheiten uneingeschränkte Teilhabe garantiert.“

Kranzniederlegung

Am 27. Januar werden gegen 11.30 Uhr Vertreter:innen der Bundesvereinigung Lebenshilfe und der Lebenshilfe Berlin am Gedenk- und Informationsort für die Opfer der NS-„Euthanasie“-Morde in der Berliner Tiergartenstraße 4 einen Kranz niederlegen. Dies findet im Rahmen der Gedenkveranstaltung des Beauftragten der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, Jürgen Dusel, statt.

Text und Foto: Bundesvereinigung Lebenshilfe